Konversation 5(phone call soliloquy)

Auf drei Smartphones, die durch Bluetooth Lautsprecher verstärkt sind, werden kategorisiert jeweils 150 Kunst- und kulturfördernde Unternehmen angerufen. Ein Gerät adressiert kunstfördernde Banken wie die Commerzbank oder Deutsche Zentralbank. Das Nächste Versicherungen wie Hiscox oder Itzehoer. Das Dritte schließlich wählt kunstfördernde Großkonzerne wie Unilever, Lufthansa, Hugo Boss oder Airbus an, um den Ausstellungsraum mit einem akustischen Geflecht aus Sprachansagen, Warteschleifenmusik und Stimmen von lebendigen Personen zu bespielen.
In Zusammenarbeit mit einem Programmierer ist hierfür ein Algorithmus entstanden, der Smartphones dazu veranlasst, automatisch die Nummern der Unternehmen anzuwählen. Die Freisprechtaste der Smartphones wird aktiviert und nach 30 min. Anrufzeit oder nach Abbruch aufgelegt. Nach einer Pause (Zeit variierbar) wählt das Programm die  nächste Nummer. Diese Abfolge wird endlos wiederholt, solange die Arbeit aktivgeschaltet ist.
Durch die randomisierte Auswahl der ca. 300 Unternehmen ist die Klanglandschaft und Atmosphäre im Raum immer anders. Ferner bestimmen auch Tageszeit, Wochentag bzw. Anrufaufkommen die Überschneidung und Gewichtung zwischen Musik, automatischen Ansagen, menschlichem Gegenüber und Momenten der Stille.
Die raumfüllenden Stimmen und Klänge münden in Kippmomente, die kurze und vor allem unmittelbare Wechselwirkungen zwischen dem kontemplativ-Ästhetischen und der Realität des Arbeitsalltags erlöglichen. Das passiert immer da, wo der Hörer von einer lebendigen Person abgenommen wird. Die Mitarbeiter der Kundenbetreuung sprechen im Namen des Konzerns in den Ausstellungsraum. Und umgekehrt spricht die Akustik des Ausstellungsraumes samt der rezipierenden Besucherschaft in die Sphäre der Unternehmen zurück.
Die Arbeit wird von den größten Kulturförderern ermöglicht, jedoch ist die Förderung nicht monetärer sondern akustischer, also ausschließlich ästhetischer Art. Auf übergeordneter Ebene wird in "Konversation 5" die Frage nach der Herkunft von Fördermitteln gestellt, ohne welche die Werke großer Kulturformate vermutlich von ganz anderer Art wären. Die durch Förderer erwirkte ästhetische Einflussnahme wird in Konversation 5 auf eine absurde und selbstreferenzielle Ebene gebracht.    
Lorenz Goldstein, MFA Graduate Show HFBK Hamburg, Juli 2022








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